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Autor:
pure11-Redaktion

AMC – unsichtbare Gefahr für den Reinraum

AMC-Test
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Verunreinigungen im Reinraum

Verunreinigungen stellen im Reinraum eine der größten Gefahr für Produkt und Prozess dar. Sie lassen sich einteilen in partikuläre, chemische, biologische und physikalische (z.B. Strahlung) Kontaminationen. Nur, wenn die Kontaminationsquelle bekannt ist, lassen sich Kontaminationen vollständig vermeiden. Kontaminationsquellen sowie sensible Produktanforderungen müssen somit vor der Planung einer reinen Umgebung beachtet werden. 
Besonders die Kontrolle über den Partikelgehalt (biotische und abiotische) gehört zur unablässigen Aufgabe der Reinraumtechnik. Die Klassifizierung von Reinräumen erfolgt anhand der in der DIN EN ISO 14644-1 festgelegten Partikel-Höchstmengen einer bestimmten Größe in einem Kubikmeter Luft. Betrachtet werden hierbei Partikel zwischen 0,1 und 5 µm. Zur Luftreinigung, sodass die Partikelmesswerte möglichst gering gehalten werden, kommen Filtersysteme zum Einsatz. Diese Filtersysteme sind allerdings unzureichend für Verunreinigungen, die kleiner als 0,1 µm sind.

Molekulare Kontamination

Seit einiger Zeit setzen sich Industriezweige wie die Mikroelektronik, die Biotechnologie, die optische Industrie, die Medizintechnik oder auch die Nahrungs- und Genussmittelindustrie mit einer Kontaminationsart kleinerer Größenordnung auseinander. Sogenannte molekulare Kontaminationen (Englisch: airborne molecular contamination, kurz AMC ).  
Aufgrund ihrer geringen Größe können AMC raumlufttechnische Filteranlagen passieren und werden beim Partikel-Monitoring nicht detektiert. Zu den chemischen Kontaminanten gehören verschiedene Stoffgruppen wie Säuren, Basen, Biotoxine und Oxidationsmittel. Im Reinraum bekannte chemische Kontaminationsarten sind Sulfat, Nitrat, Ammoniak, kondensierbare organische Stoffe sowie Dotierstoffe. Für die exakte Analyse der chemischen Zusammensetzung sind teure Instrumente erforderlich. 

AMC-Analyse

Luftgetragene molekulare Kontaminationen wie z. B. alkalische Verbindungen, können häufig geruchlich wahrgenommen werden. Zu dieser Klasse gehören Ammoniak, Säuren oder Lösemittel. Genauso kann es sich aber auch um geruchlose Silikone handeln. 
Nur durch eine genaue Identifizierung der Stoffverbindungen und deren Konzentrationsmenge, die zu einer Belastung führen, können geeignete Gegenmaßnahmen getätigt werden. Deshalb ist eine exakte quantitative Bestimmung empfehlenswert. 
Eine Luftprobe mittels eines Massenspektrometers zu analysieren ist eine Möglichkeit, um AMC im Reinraum zu bestimmen. Hierbei wird eine Luftprobe mittels eines Thermodesorbers, welcher das Gemisch in einzelne chemische Verbindungen auftrennt, ausgewertet. Dieses Verfahren zur Gaschromatographie ist allerdings mit hohen Kosten verbunden. 
Die kostengünstigere Alternative ist die unspezifische Messung. Für die Analyse eines vorab definierten Stoffes eignen sich Test-Kits, welche Glasröhrchen und eine Gasspürpumpe enthalten. Hierbei lässt sich eine genaue Aussage treffen, ob ein Stoff in der Luft vorhanden ist. Es kann allerdings nicht die genaue Konzentration gemessen werden. Die Konzentration kann allerdings vergleichsweise zu Indikatorstreifen anhand einer Verfärbung an einer Farbskala eingeschätzt werden. 

ISO-AMC-Klassifizierung

Neben der Reinraumklassifizierung nach mikrobiologischen und partikulären Grenzwerten besteht auch eine Klassifizierung der AMC. In der DIN EN ISO 14644-8 sind neben beschriebenen Prüfverfahren anhand festgelegten Konzentrationsgrenzwerten die Raumluft in ISO-AMC-Klassen unterteilt.

Da diese Art an Kontamination immer wichtiger wird, wurde auch die VDI 2083 erweitert. In Anlehnung an die DIN EN ISO 14644-8 entstand „Blatt 8.1: Luftreinheit anhand chemischer Konzentration“. 

 

Folgen durch AMC

Luftgetragene molekulare Kontaminationen führen zu: 

  • Korrosionseffekte von metallischen Leiterbahnen
  • Veränderungen von elektrischen Eigenschaften (z. B. bei Wafern) 
  • Chemische Veränderung optischer Oberflächen

Die Folgen führen zu einem hohen Ausschuss in der Produktion und entsprechend hohen Folgekosten. Deshalb gilt es, in sensiblen Produktionsumgebungen darauf zu achten, ob und welche chemischen Kontaminationen vermieden werden müssen. 

Möglichkeiten zur Problemlösung

Häufig gelangen AMC über die Zuluft von außen in den Reinraum hinein. Wenn die Zuluft AMC-Quellen enthält, ist der Einbau von AMC-Filtern eine geeignete Lösung. Diese können kleinste molekulare Verbindungen zurückhalten. Filter können mit Aktivkohle beaufschlagt werden, welche die AMC auffangen und binden. Eine Alternative zur Aktivkohle ist der Einsatz von Zeolithen beziehungsweise Ionenaustauschern. 
Um AMC weitestgehend zu verhindern, ist die Standortwahl ein wichtiger Faktor. Es sollte darauf geachtet werden, dass dieser möglichst keinen saisonalen Einflüssen unterliegt oder die Zuluft landwirtschaftlicher Beeinträchtigung ausgesetzt ist. Auch vulkanische Aktivitäten oder benachbarte Produktionsanlagen, welche chemische Kontaminationen erzeugen könnten, sollten nicht auf den Standort einwirken. Bei der Planung und letztlich beim Bau des Reinraums ist darauf zu achten, dass reinraumtaugliche Materialien eingesetzt werden. Hierbei gilt:

  • Glatte Oberflächen
  • Gut zu reinigende Oberflächen
  • Möglichst kein Ausgasungsverhalten

Auch bei  Reinigungs- und Desinfektionsmitteln sowie den Reinigungsgerätschaften gilt es einiges zu berücksichtigen. Besonders die Zusammensetzung ist ein zu beachtender Faktor. Enthaltene Duftstoffe, Lösemittel, Tenside, Alkalien oder sonstige Stoffe können zu einer beachtlichen AMC-Belastung führen. Auch wird dem Ausgasverhalten des Reinigungsequipments häufig zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.
Auch ist der Faktor Mensch nicht außer Betracht zu lassen. Schweiß enthält beispielsweise Ammoniak. Duftstoffe wie Parfüm oder Deos sowie Haarspray können die Konzentration chemischer Kontaminationen erhöhen, weshalb diese Kosmetik möglichst nicht verwendet werden soll. Eine entsprechende Schulung der Mitarbeiter zur Körperhygiene im Reinraum ist daher wichtig.

Einzelnachweise